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Gleichstellungsbeauftragte Gabi Ohler zum Equal Care Day 2021: „Mehr Wertschätzung und faire Verteilung von bezahlter und unbezahlter Care-Arbeit“

01.03.2021

Die ungleiche Verteilung von unbezahlter Sorgearbeit manifestiert sich im sogenannten Gender Care Gap. Dieser erfasst, wie viel Prozent mehr Zeit Frauen täglich für die unbezahlte Sorgearbeit verwenden. Nach der letzten Zeitverwendungserhebung beträgt der Gender Care Gap 52,4 Prozent. Das heißt, Frauen leisten täglich 52,4 Prozent mehr unbezahlte Sorgearbeit als Männer. Das entspricht dem Zweiten Gleichstellungsbericht des Bundes zufolge 87 Minuten.

Die COVID-19-Pandemie hat noch einmal verdeutlicht, wie wichtig bezahlte und unbezahlte Sorgearbeit für die ökonomische und gesellschaftliche Stabilität ist. Inwieweit die Pandemie eine Neuverteilung von Erwerbs- und unbezahlter Sorgearbeit verstärkt oder ihr gar entgegenwirkt, ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer absehbar.

Aktuelle Diskussionen sollten daher für einen Perspektivwechsel genutzt werden. „Die bisherigen politischen Maßnahmen zielten vor allem auf die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben ab. Das führt dazu, dass weiterhin vor allem Frauen die unbezahlte Sorgearbeit übernehmen. Eine Neu- bzw. Umverteilung ist in den Blick zu nehmen, die auf eine partnerschaftliche Aufteilung der unbezahlten Sorgearbeit hinzielt“, so die Thüringer Gleichstellungsbeauftragte Gabi Ohler.

Eine Reduzierung bzw. Aufhebung des Gender Care Gaps wird nicht von heute auf morgen gelingen. Vielmehr müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um auf eine partnerschaftliche Aufteilung der unbezahlten Sorgearbeit hinzuwirken. Einerseits sollte der Weg von (überwiegend weiblichen) Sorgepersonen in die Erwerbsarbeit und andererseits von (überwiegend männlichen) Erwerbspersonen in die Sorgearbeit ermöglicht werden. Beides muss im Gleichgewicht sein, um partnerschaftliche Arbeitsaufteilung zu unterstützen.

„Karriereoptionen zu erhalten, finanziell abgesichert zu sein sowie Einkommensverluste zu reduzieren – das sind wichtige Grundlagen für eine Neuverteilung unbezahlter Sorgearbeit. Als Thüringer Gleichstellungsbeauftragte setze ich mich dafür ein, das künftig Erwerbsarbeit und unbezahlte Sorgearbeit im Zusammenhang gesehen werden – für Frauen und Männer“, so Ohler abschließend.

Hintergrundinformation:

Der Equal Care Day ist eine Initiative, die auf mangelnde Wertschätzung und unfaire Verteilung von Care-Arbeit aufmerksam macht. Als gesellschaftliche Bewegung möchte sie Aspekte, Akteurinnen und Akteure in ihrer Vielfalt zusammenbringen, um gemeinsam die Sorgearbeit aus der Nische des unsichtbaren Engagements herauszuholen, um Politik und Wirtschaft dafür zu gewinnen, die unterschiedlichen Bereiche von Care-Arbeit ernst zu nehmen und neu zu denken.

Folgende Zahlen aus dem 4. Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern verdeutlichen die aktuelle Verteilung der Erwerbs- und Sorgearbeit:

2018 lag die deutschlandweite Beschäftigungsquote von Frauen bei 56,5 Prozent (Männer: 63,3 Prozent). 48 Prozent der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen arbeiteten in Teilzeit (Männer: 11,2 Prozent). Unter den 30- bis 54-jährigen beschäftigten Frauen hatten 10,7 Prozent mindestens einen Minijob (Männer: 3,1 Prozent).

Die Sachverständigenkommission, die den Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung „Erwerbs- und Sorgearbeit gemeinsam neu gestalten“ (BT-Drs. 18/12840) erstellte, verwendet den Begriff „Sorgearbeit“ (auf Englisch „care“ bzw. „care work“) als Begriffsrahmen für alle Sorgetätigkeiten, unabhängig von Gegenstand und Art der Sorge und unabhängig von der Organisationsform (unbezahlt/bezahlt, informell/formell, privat/professionell, Ehrenamt/Erwerbsarbeit). Care bzw. Sorgearbeit „umfasst Tätigkeiten der Pflege, Zuwendung, Versorgung für sich und andere“.