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Thüringer Gleichstellungsbeauftragte Gabi Ohler zum Equal-Pay-Day: „Applaus bezahlt die Miete nicht!“

09.03.2021

Wie schlecht es um die Bezahlung vieler Frauen in Deutschland bestellt ist, verdeutlicht der „Equal-Pay-Day“, also der Tag für gleiche Bezahlung. Damit wird in jedem Jahr der Tag identifiziert, an dem Frauen das Gehalt erreicht haben, das Männer bereits ab dem 1. Januar eines jeden Jahres verdienen.

Dazu erklärt die Thüringer Gleichstellungsbeauftragte Gabi Ohler: „Es ist eine Schande, dass Frauen im Schnitt immer noch über zwei Monate länger arbeiten müssen als Männer, um auf ein vergleichbares Gehalt zu kommen. Damit wirft der Equal-Pay-Day ganz deutlich ein Schlaglicht auf die strukturelle Benachteiligung von Frauenberufen.“

Nach wie vor wird männlich definierte Arbeit deutlich besser bewertet als die sogenannten Frauen- oder Careberufe, die mit Sorge und Pflege am Menschen einhergehen. „Wir sollten uns fragen, warum es scheinbar ok ist, dass Mechatroniker mehr Geld verdienen als Kindergärtnerinnen und dass es immer noch zu großen Teilen der Lebenswirklichkeit von vielen Frauen entspricht, den Großteil der Familienarbeit und Altenpflege privat zu übernehmen. All dies geht in der Regel zu Lasten ihres Arbeitseinkommens und ihrer späteren Rente. Damit sind Frauen nach wie vor systematisch benachteiligt“, so Gabi Ohler.

Dass diese strukturelle und finanzielle Benachteiligung Folgen hat, zeigt sich deutlich: Rund 9.000 Beschäftigte haben von April bis Juli 2020 deutschlandweit ihren Pflegeberuf verlassen. Neben den hochbelastenden Arbeitsbedingungen ist auch die schlechte Bezahlung ein ausschlaggebender Grund.

 

„Begründungen wie ‚Männerarbeit ist schwerer und deswegen mehr Wert‘ oder ‚Männer müssen ihre Familie ernähren und Frauen verdienen nur dazu‘ sind längst überholt. Wer alte und bettlägerige Menschen pflegt, kann mit der Computersteuerung von Erntemaschinen längst mithalten. Was wir brauchen, ist ein wirklich existenzsichernder Mindestlohn und eine ebensolche Rente“, fährt Ohler fort. „Aber wir brauchen vor allem eine gesellschaftliche Debatte darüber, wie Dienstleistungen am Menschen deutlich besser entlohnt werden und welche Arbeit nicht nur das Prädikat ‚wertvoll‘ erhält, sondern auch Wertschätzung, die über den Lohnzettel abgelesen werden kann. Hier müssen zukünftig richtige Weichen für substantielle Entscheidungen folgen. Die Entscheidung der Bundesregierung zur Erhöhung des Pflegemindestlohns ist dabei ein guter, aber leider nur ein kleiner Schritt. Da muss deutlich mehr passieren, wie beispielsweise die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen im öffentlichen Interesse, die nicht länger von einzelnen Arbeitgebern verhindert werden darf. Anderenfalls werden Frauen weiter mit den Füßen abstimmen und sich anderen Berufen zuwenden.“

Hintergrund:

Der Equal Pay Day ist der internationale Aktionstag für die Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern und wird in zahlreichen Ländern an unterschiedlichen Tagen begangen. Er macht auf die bestehenden Lohnlücken, den sogenannten Gender-Pay-Gap, aufmerksam und markiert symbolisch die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern.