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Thüringer Gesundheitsministerium sensibilisiert für Ausbreitung der Geflügelpest / Ministerin Heike Werner ruft dazu auf, Totfunde bei Wildvögeln zu melden

13.11.2020

Im Norden Deutschlands werden seit Ende Oktober steigende Zahlen an tot aufgefundenen Wildvögeln gemeldet, in Schleswig-Holstein sind es bereits weit über Tausend. Bei mehr als 100 dieser Fälle sowie in vier Hausgeflügelbeständen in Deutschland wurde die Aviäre Influenza bzw. Geflügelpest bereits festgestellt. Auch in Brandenburg gibt es einen ersten bestätigten Fall bei einer Wildgans. Die Infektionen wurden durch verschiedene Geflügelpestviren (hochpathogene aviäre Influenzaviren, HPAIV) verursacht. Untersuchungen des Nationalen Referenzlabors des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) haben gezeigt, dass es sich um einen neuen Eintrag handelt und die aktuell nachgewiesenen HPAI-Viren nicht im Zusammenhang mit den HPAI-Viren stehen, welche die Ausbrüche im ersten Halbjahr 2020 verursacht haben.

Gesundheitsministerin Heike Werner erklärt: „Bisher gibt es noch keinen Geflügelpestfall in Thüringen sowie keine Hinweise auf ein vermehrtes Sterben von Wildvögeln. Erhöhte Vorsicht ist dennoch zwingend geboten. Daher sollten auffälliges Verhalten und Totfunde bei Wildvögeln von Jägern sowie allen Bürgerinnen und Bürgern, die in der Natur unterwegs sind, umgehend den Veterinärbehörden zur Bergung und Untersuchung gemeldet werden, damit diese Vögel schnellstmöglich auf das Virus untersucht werden können.“

Die neuen Funde von HPAI H5-Viren bei Wasser-, Greif- und Möwenvögeln sowie bei Geflügel in Küstenregionen der Nord- und Ostsee stehen zeitlich und räumlich in Zusammenhang mit dem bereits begonnenen Herbstzug von Wasservögeln aus Regionen, in denen das Virus nachgewiesen wurde. Die weitere Ausbreitung der Viren in Wasservogelpopulationen in Deutschland ist zu erwarten. Das Risiko weiterer Einträge in deutsche Nutzgeflügelhaltungen und Vogelbestände in zoologischen Einrichtungen durch direkte und indirekte Kontakte zu Wildvögeln wird durch das Friedrich-Loeffler-Institut derzeit als hoch eingeschätzt. Auch aus anderen EU-Mitgliedsstaaten, wie zum Beispiel den Niederlanden, werden bereits Geflügelpest-Ausbrüche in großen Nutzgeflügelhaltungen berichtet.

Oberste Priorität hat deshalb auch in Thüringen der Schutz der Nutzgeflügelbestände. Hierzu müssen die einschlägig empfohlenen Biosicherheitsmaßnahmen und Überwachungs- bzw. Abklärungsuntersuchungen durch alle Geflügelhalter überprüft und unbedingt konsequent eingehalten werden. Daher werden alle Halter von Geflügel aufgefordert, ihre Tiere in Bezug auf den Gesundheitszustand regelmäßig und gewissenhaft zu kontrollieren. Bei Krankheitsanzeichen und Auffälligkeiten ist ein Tierarzt hinzuzuziehen.

 

Das Thüringer Gesundheitsministeriums verfolgt aufmerksam die aktuelle Lage und bewertet fortlaufend die Auswirkungen für die hiesigen Geflügelhalter. Sollte sich das Risiko weiter erhöhen, so wird in Thüringen risikoorientiert eine Aufstallung für Geflügel mit Freilandhaltung in Betracht gezogen.

Zum Hintergrund:

Das hochpathogene H5N8 Virus ist ein Geflügelpestvirus. Bei Erkrankung zeigen Vögel ausgeprägte schwere Krankheitsverläufe bis hin zu Todesfällen. Das FLI weist darauf hin, dass es derzeit keine Hinweise darauf gibt, dass die aktuellen H5-Viren Menschen infizieren können. Um jegliche Ansteckungsgefahr zu vermeiden, werden Spaziergängerinnen und Spaziergänger dringend gebeten, tote Wildvögel nicht anzufassen. So kann auch eine Weiterverbreitung des Virus verhindert werden. Zudem sollten Hunde in Gebieten um Seen, Teiche, Flüsse und Bäche an der Leine geführt werden.

Eine wichtige Maßnahme ist die Prüfung der Biosicherheitsmaßnahmen in jeder Geflügelhaltung und deren Einhaltung, zu der Geflügelhalter gesetzlich verpflichtet sind. Folgende Punkte müssen beachtet werden:

  • Einschränkung des Besucherverkehrs auf ein unerlässliches Mindestmaß
  • möglichst die Verwendung betriebseigener Schutzkleidung
  • Wechsel oder Reinigung und Desinfektion von Schuhwerk
  • hygienische Reinigung der Hände vor jedem direkten Tierkontakt
  • keine Lagerung von Futter oder Einstreu unter freiem Himmel mit Zugang für Wildvögel
  • Unterbindung weiterer indirekter Eintragswege wie kontaminiertes Wasser oder verunreinigte Gegenstände (Schubkarren, Fahrzeuge usw.)
  • Errichtung einer funktionierenden physischen Barriere zwischen den Habitaten von wilden Wasservögeln (z.B. Gewässer, Felder auf denen sich Gänse, Enten oder Schwäne sammeln) und Geflügelhaltungen

Sofern eine weitere Ausbreitung des Virus vor allem im Wildvogelbereich erfolgt, kann die behördliche Anordnung der Aufstallung von im Freien gehaltenen Geflügel als wirksame Schutzmaßnahme zur Verhinderung der Viruseinschleppung in Erwägung gezogen werden. Diese Anordnung einer Stallpflicht wurde bereits für das gesamte Bundesland Schleswig-Holstein und für einige Regionen in Niedersachsen erlassen.